Schweiztour vom 03. - 05. Oktober 2003
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Kurztrip
zur Sonne, Wind und Schnee
Wieder einmal war der Ruf nach Kurven lockender als die Aussicht auf ein gemütliches
Herbstwochenende. Pünktlich um 7 Uhr trafen wir uns an der Raststätte Bruchsal
um dem Ruf nach Bergen zu folgen.
"Nur bei schönem Wetter", so hieß die Losung. Eine Woche vorher
sagte die Wettervorhersage: „vielleicht wird es schön“ und wir gingen das
Risiko ein. Egal wie das Wetter werden würde, die Gier nach Kurven war größer.
Im Lauf der Tage bekamen wir so einiges geboten.
Unspektakulär, wie immer, war die Fahrt über die A5 nach Basel; weiter ging es auch hier über die Autobahn, doch schon nach dem Schlund-Tunnel erspähten wir rechts und links die ersten verheißungsvollen Berge.
Kurz
vorm Gotthard, endlich, verlassen wir die Autobahn und es geht auf bewährten
Wegen den 5 Pässen entgegen. Vertraut klingen sie nun schon: Susten, Grimsel,
Furka, Nufenen, Gotthard - und auch wenn wir sie schon zig mal gefahren sind,
sie sehen doch immer wieder anders aus.
Dieses Spätjahr ist es regnerisch und neblig. Nun gut, Regen hatten wir bisher
fast immer am ersten Tag, aber die Suppe ist ungewöhnlich dick. Gerade sieht
man vor einem noch die Nebelschlussleuchte, so dass man ahnen kann, wo die
Strasse hinführt.
Es ist anstrengend zu fahren und noch nicht richtig lustig; trotzdem, es sind
die Berge. Liegt es an der dünnen Luft oder ist es die Freude, die einen etwas
atemlos werden lässt, als wir auf dem ersten Pass stehen?
Das Wetter ist nicht ganz unser Freund und so fahren wir die nassen Strassen mit
sehr viel nötiger Vorsicht.
Volker kommt aus dem Lachen über seine „Star Performer“-Reifen auf der
Hinterachse fast nicht mehr raus. Besonders seine Schilderung des Grenzbereiches:
„Der Wagen geht von über die Vorderräder schieben, direkt in Heckübersteuern
über, meistens stufenlos und sofort, manchmal gleichzeitig“ lässt Freude
aufkommen.
Während
einer Kaffeepause klart es am Nachmittag etwas auf, und zumindest geht es ohne
weiteres Wasser von oben auf den nassen Strassen weiter.
Wir kommen zu unserer Unterkunft am Fuße des Simplon. Nach einem für mich
ausgiebigem Käsefondue habe ich die nötige Bettschwere.
Sammellager ist angesagt und wir packen unsere Schlafsäcke aus. In der
Etagenbettenhochburg wird es, bis auf das unsägliche Knarzen der Bretter in den
Betten, die sich bei jedem Umdrehen melden, still
im Raum.
Der erste Tag ist geschafft.
Helligkeit dringt durch die einzige Ritze im Roll-Laden; ich taste nach links:
Harald ist verschwunden!
Entweder wurde er mir heute nacht gestohlen oder er ist aufgestanden. Ich gehe
der Sache bzw. Harald nach und hangele mich aus dem ersten Stock meines Bettes
zu Boden. Hurra es gibt heißes Wasser und solange die Jungs noch nicht wach
sind, nutzen wir Mädels die Gelegenheit, uns im Bad breit zu machen.
Auch Harald taucht wieder auf, er war spazieren.
Zum Frühstück fahren wir erst mal gen Tal, stürmen eine Bäckerei und kaufen
sie leer. Mit Blick auf die riesige Brücke zum Simplonpass stehen wir an dem
frischen Morgen mit blauem Himmel und futtern. Das einzige was mir zu meinem Glück
noch fehlt, wäre Kaffe. Ein Fenster gegenüber geht auf und eine Frau ruft
herunter, ob wir denn gerne Eier hätten, sie hätte auch gesottene Eier ob wir
die möchten.
Wir lehnen dankend ab, sind wir doch mit unseren Schneckennudeln und süßen Stückchen
völlig versorgt.
Der Berg ruft – und so starten wir gestärkt dem jungen Morgen und dem Pass
entgegen.
Breit ausgebaut ist er, der Simplon, und führt durch einige Galerien. Harald
findet ihn fast ein wenig langweilig, denn der Abenteuercharakter manch anderer
Pässe geht ihm völlig ab. Dafür bin ich als Beifahrerin völlig zufrieden,
denn die Aussicht ist wie jedes Mal märchenhaft!
Wir
steigen vom Simplon ab und fahren in Richtung Lago Maggiore. Durchs Val Vegezzo
fahren wir nach Malesco. Der weitere Verlauf führt uns ins Val Cannobina und
nach Cannobio.
An anderer Stelle beschrieben, so hat diese Strecke sich nicht verändert und
nichts von ihrer aufregenden Schönheit eingebüßt! Durch dichte grüne Laubwälder
führt die meist knapp ein Auto breite Straße. Manchmal schaffen es auch zwei
Wagen, aneinander vor bei zu kommen, aber meist ist es eine Engstelle, an der
man einem Wohnmobil gegenüber steht und sich mit angeklappten Seitenspiegeln
vorbeimogelt.
Ein Spiegel bekommt ein immerwährendes Andenken an die Tour, indem er sich an
der Leitplanke anschrappt.
Die Sonne blitzt durch das grün der Bäume und Licht und Schatten wechseln sich
mit den Rechts links Kurven ab. Unvergleichlich schön auch diesmal wieder der
Weg zum Lago Maggiore.
Bald schon ist die kleine Verbindungsstraße zuende und wir biegen links auf die
Hauptstraße den Lago Maggiore entlang ab. Wir fahren nun am Westufer des Sees
nach Norden und wieder einmal erkennen wir, dass hier eine echte Cabrio Region
ist. Die Vegetation und das Wetter ist mediterran mild, der See liegt ruhig und
tiefblau da – ein einziges Idyll.
Die Strasse führt recht unspektakulär am See entlang, ist sehr stark befahren, doch nach der Aufregung der letzten Kurven ist es angenehm, die Augen schweifen zu lassen und zu entspannen. Weiter geht es nun nach Locarno. Am Seeufer halten wir unsere Siesta und lassen uns die Sonne auf die Haut scheinen. Die Schiffe und Boote im Hafen wiegen sich langsam mit den Wellen des Sees, die Herbstsonne brennt warm... Man möchte es gar nicht wahr haben, dass der Sommer dem Ende zu geht, denn hier ist noch „Süden“, Sonne und Wasser. "Winter, was ist das?" möchte man fragen und zieht noch einen Pullover aus, denn es ist sehr warm.
So faul wir uns in der Sonne räkeln, die nächsten Pässe rufen und so packen wir unsere Habseligkeiten, packen sie in die MX'e und suchen uns den Weg durch Locarno ins Maggia-Tal. Kurz folgt uns ein Schweizer weißer Klappi, er winkt herzlich als er sich nach links in ein anderes Tal verabschiedet. Wir aber folgen nun wieder dem Ruf nach „Höhe“.
Jetzt
bin ich wirklich überrascht, hatte ich doch ein idyllisches Tal vermutet. Hier
aber geht die Kurvenhatz gerade weiter. Die Straße schraubt sich in den Berg,
Spitzkehren lassen das Fahrerherz hüpfen, Beifahrer und Reifen quietschen, in
einem immerwährenden Wedeln geht es steil nach oben.
Wir fahren bis ganz nach oben! Oben, das bedeutet bis an den ewigen Stausee bei
Fusio.
Nicht nur der "Höhepunkt" Stausee oder die Straße, die so aufregend
kurven kann, auch landschaftlich hat das Maggia-Tal einiges zu bieten. Saftig grün,
und rechts und links gibt es in den Dörfern gar putzige Häuser oder wunderschön
bemalte Kirchtürme zu sehen.
Wir fahren die gleiche Strecke wieder zurück, doch sie wird uns nicht
langweilig.
Kurz
vorm Gotthard: Müde und zerschlagen - es war ein anstrengender Tag - es regnet
wieder, eigentlich wünschten wir uns nur "nach Hause", doch erst
stehen wir mit vielen anderen im Stau. Der Tunnel scheint wohl geschlossen oder
"gestaut" zu sein, wir stehen...
Irgendwann geht es weiter. Wir können das Verkehrsgewirr hinter uns lassen und
steigen bei Dunkelheit und strömendem Regen den Gotthard hinauf.
Statt
des erwarteten Sammellagers erhalten wir im Gotthard Hospiz, da wir eine
kleinere Gruppe sind, die Mehrbettzimmer.
Der
nächste Morgen:
Die meterdicken (ok, dichterische
Freiheit, aber sie sind wirklich sehr massiv!) Mauern des Gotthard Hospiz lassen
uns von dem Sturm, der draußen tobt, nichts mit bekommen. So bereitet uns auch
nichts auf das vor, was uns draußen erwartet: Schnee!
Dicker dichter Schnee mit eisigem Sturm.
Die Straße vorm Haus, die wir überqueren müssen, um an die MX'e und zum Frühstück
rüber zum Restaurant zu kommen, ist spiegelglatt und es pfeift, sobald man aus
dem Windschatten des Hauses kommt, empfindlich kalt um die Ecken und in jede
Ritze. Selten habe ich so schnell
so sehr gefroren.
Wir retten uns zum Frühstück ins Haupthaus und beratschlagen.
Alle
MX'e sind mit Sommerreifen bestückt, und auf der Straße liegt dicker Schnee.
Ein Kellner der mit dem Wagen hochkam beruhigt uns etwas und erklärt, dass der
Schnee nur auf den ersten Kurven sei, aber ab der ersten Galerie sei es frei.
Man
sieht die Hand kaum vor Augen, die MX'e sind dicht verschneit, die
Scheibenwischer wedeln die Schneeflocken von der Scheibe. Über Offen fahren
spricht keiner mehr, allein daran zu denken lässt einen schauern.
Aber tatsächlich, nach der ersten Galerie ist der Zauber vorbei; die
Schneegrenze ist zu sehen, aber die Strasse ist frei!
Es
war eine ereignisreiche Tour, wir haben alle Wetter erlebt, von strahlendem
Sommer bis eisigem Sturm; Wir waren ganz weit weg, doch jetzt geht es wieder in
die Heimat - die Autobahn ruft, das Wochenende ist zu Ende; die Realität hat
uns wieder.
Doch
immer wenn ich die Bilder anschaue, denke ich an die Tour, bei der ich im
T-Shirt am Lago Maggiore schwitzte und 24 Stunden später im Schneesturm stand!
Es war
einfach großartig!
Barbara
(c) 2004 http://www.barbaratours.de