Alpes Maritimes
3.Tag:
Azur
Der Himmel am Mittwoch Morgen ist so blau wie der Name der Küste, die ich heute erfahren will. Schnell sind die Sachen gepackt und das noch taufeuchte Dach geöffnet - ich will das Meer sehen!
An der Peripherie von Cannes über kleine, kurvige, aber viel befahrene Sträßchen durchs Grüne führt mich mein Weg bei Golfe-Juan auf die Küstenstraße, und da ist es: Blaues Meer unter blauem Himmel!
Ich halte mich
südwärts, der Verkehr wird noch dichter und schon stecke ich im
obligatorischen Stau der Croisette in Cannes. Im
Stop-and-go-Verkehr gehts auf den "Boulevard de la
Croisette", der Schlagader der Côte dAzur mit ihren
berühmten Hotels. Heute ist wieder irgendeine Film-Messe und die
Gehsteige sind schon jetzt, um halb Neun, voller Menschen.
Trotzdem fällt ein MX-5 hier noch auf: Eine Frau zeigt auf mein
Auto und ich höre, wie sie ihrem Begleiter etwas von le
Mazda erzählt. Ob sie wohl meint, er könnte eine Wäsche
vertragen...
Ich sehe im Lauf des Tages noch zwei NAs, einen roten und einen
weißen, an den Küstenstraßen von Cannes und Nizza
stehen - die einzigen in ganz Südfrankreich.
Als ich endlich
den Stadtverkehr hinter mir lassen kann und bei la Napoule
auf die Corniche de lEsterel einfahre, hat die
Sonne schon richtig Gewalt und ich kann beim ersten Halt die
Jacke ausziehen. Obwohl überraschend wenig Verkehr herrscht -
die Küstenstraßen kenne ich sonst nur aus dem Sommer, wenn sie
meistens überfüllt sind - nehme ich das Tempo zurück und
genieße das Cruisen. Kurven, die mal in halber Höhe
der Felsküste, mal an Stränden entlang führen, dazu Ausblicke
auf weites Meer und kleine Buchten mit klarem Wasser, das alles
in der sich langsam erwärmenden Luft des Vormittags -- perfekt!
Von Zeit zu Zeit halte ich an, klettere über Felsen hinunter ans
Wasser oder schreibe auf einen kleinen Strandmauer in Agay
ein paar Ansichtskarten.
In diesem Ort
verlasse ich nun die Küste und wende mich landeinwärts, um dem
Stadtverkehr von St.Raphael zu entgehen. Nach einigen
Kilometern Richtung Valescure, durch Feriendörfer und
Golfplätze hindurch, erreiche ich die Nationalstraße 7, die
mich auf der Nordseite des Massif de lEsterel
und des Mont Vinaigre zurück nach la Napoule
bringt.
Jetzt kann ich die andere Seite des Roadsterglücks erleben: Die
perfekten Kurven dieser Strecke machen schnell gefahren einen
Riesenspaß. Ein Ford mit Kölner Kennzeichen macht bereitwillig
Platz - viel zu schnell erreiche ich die Stadt Mandelieu.
Ich tanke noch einmal nach und fahre dann über Pegomas
zur Parfümstadt Grasse. Für deren Besichtigung fehlen
mir allerdings Zeit und Lust - die Straße ruft mich und ich
folge ihr bereitwillig in das Tal nach Valbonne, wo
scheinbar die Duftpflanzen für die Parfümindustrie angebaut
werden. Viele Gewächshäuser und Plantagen sind zu sehen und die
Luft ist geschwängert von verschiedenen, mir unbekannten
Düften. Im Ort spielen ein paar Männer unter Platanen Boule -
es ist Mittagszeit.
Ich zweige nach Opio
ab und die D2085 bringt mich wieder an die Küste nach Cagnes-sur-Mer.
Schnell noch ein wenig Auto-promenieren an der
berühmten "Promenade des Anglais" in Nizza,
dann suche ich mir den Weg zu den viel gelobten
Corniches zwischen Nizza und Menton.
Die untere dieser drei an der Felsküste gestaffelten
Küstenstraßen enttäuscht mich allerdings sehr. Sie ist sehr
verkehrsreich und die wenigen Ausblicke aufs Meer sind durch
teils hässliche Gebäude und Zäune verbaut. In Eze
kann ich endlich auf die nächsthöhere und schöner zu fahrende
Moyenne Corniche wechseln.
Zurück gen Nizza
durch Beaulieu-sur-Mer, dann auf die obere Grande
Corniche und in das Verkehrsgewühl der Großstadt hinab.
Nur kurz halte ich mich hier auf, denn bald habe ich die D2204 in
Richtung la Trinite gefunden.
Es geht wieder bergauf. Hinter dem Col de Nice liegt
das Städtchen lEscarène, in dem ich kurz raste,
denn hier warten schwierige Entscheidungen auf mich: Wo schlafe
ich die nächste Nacht und welchen der von hier aus erreichbaren
Pässe kann ich vorher noch fahren?
Die Antwort auf die erste Frage hebe ich mir für später auf und
die Antwort auf die zweite lautet: Möglichst viele!
Kurz entschlossen setze ich den Blinker in Richtung Sospel
auf den Col de Braus. In weiten Bögen verläuft die
recht ebene Straße um Berge herum auf den Gipfel zu, an dessen
Hang zwei Staffeln von engen Serpentinen warten, die, um sie
schnell zu fahren, das Herunterschalten bis in den ersten Gang
nötig machen.
Von 1002m über Meereshöhe bringen mich gut ausgebaute Kurven
fix hinunter nach Sospel, wo schon wieder meine zwei
Fragen auf mich warten. Da es erst halb Sechs ist beschließe
ich, dass es noch zu früh für die Hotelsuche ist und ich vorher
noch etwas vom Col de Turini sehen will.
Ich kehre also um und scheuche den MX-5 wieder den Col de
Braus hinauf. Kurz hinter dem Scheitel gibt es nämlich
eine Abkürzung. Doch die erweist sich als schmal, schlecht
geteert und mühsam zu fahren. Ein bärtiger Schäfer mit seiner
kleinen Herde ist die einzige Attraktion.
Die direkte Verbindung zum Turini ist dann auch noch gesperrt, so
fahre ich runter nach Lucéram und von dort aus quer zum
Col St.Roch.
Die nun folgende Fahrt durch Peira-Cava hinauf zum
Turini-Pass erweist sich als langweilige Bergstrecke und oben
gibt es auch nicht viel zu sehen. Drei Wege führen auf diesen
Pass, wovon ich eindeutig den falschen genommen habe. Ich setze
den Blinker rechts und fahre über Moulinet durch die
Gorges du Piaon wieder nach Sospel.
Doch meine anfängliche Enttäuschung wandelt sich angesichts
dieses Schluchtenerlebnisses schnell in Begeisterung. Tolle Kurven, ebene Straße, hohe
Felswände! Meine Empfehlung lautet daher: Wenn man, wie ich,
schon nicht den Col de Turini von Norden her befahren
kann, sollte man unbedingt die Auffahrt durch diese Schlucht
nehmen, am besten vormittags, wenn die Sonne noch bis auf den
Grund reicht und die Straße nicht im Schatten liegt.
Wieder in Sospel angelangt finde ich auch eine glückliche Lösung meiner beiden Probleme: Ich fahre noch einen weiteren Pass, den Col de Castillon, und übernachte im Etap-Hotel in Menton. Dieses steht sogar direkt an der Küstenstraße und die Altstadt von Menton erweist sich als sehr sehenswert. Mit dem Besuch eines Restaurants ebendort endet der dritte Tag.
Bilanz:
334km
Höhepunkte: "Corniche de lEsterel", N7 St.Raphael
- La Napoule," Col de Braus", "Gorges du
Piaon"